Chaos am Düngermarkt?
Der von Donald Trump losgetretene Zollkriegt lässt auch den Düngermarkt nicht kalt. Das könnten die Auswirkungen sein.
- Umgestaltung globaler Rohstoffabhängigkeiten
Die US-Düngerindustrie ist stark von Importen abhängig:
- Kali: 85 % stammen aus Kanada, Russland und Belarus.
- Phosphat: Marokko und China dominieren den globalen Markt.
- Stickstoff: Erdgas (US-eigen, aber Preise sind global verknüpft).
Mögliche Lieferkettenverschiebungen unter Trump:
- Zölle auf kritische Importe:
- Beispiel: Zölle auf kanadisches Kali (ähnlich Stahlzöllen 2018) könnten die USA zwingen, auf teurere/quasi-monopolistische Quellen (z. B. russisches Kali) auszuweichen – trotz Sanktionsrisiken.
- Folge: Fragmentierte Lieferketten, höhere Transportkosten und längere Lieferzeiten.
- Sanktionen gegen Exportländer:
- Ein härterer Kurs gegen Russland/Iran (große Düngerexporteure) könnte globale Lieferlücken auslösen. Die USA müssten Ersatz aus Ländern wie Jordanien (Phosphat) oder Laos (Kali) suchen, die oft weniger stabile Lieferanten sind.
- Regionalisierung der Produktion
Trumps „America First“-Agenda könnte:
- Inländische Produktion ankurbeln: Durch Subventionen für US-Düngerwerke (z. B. CF Industries, Mosaic Co.) und Zölle auf Fertigimporte.
- Herausforderung: US-Produktion benötigt Zeit und Investitionen. Kurzfristig könnten Engpässe entstehen, da die Kapazitäten (v. a. bei Kali) begrenzt sind.
- Energiepolitische Hebel:
- Günstiges US-Erdgas durch Fracking-Förderung könnte Stickstoffdünger-Produktion in den USA attraktiver machen. Dies würde Lieferketten verkürzen, aber gleichzeitig die Abhängigkeit von heimischer Energie erhöhen.
- Unterbrechung etablierter Handelsrouten
- Beispiel US-China-Handel:
- China liefert nicht nur Phosphat, sondern auch Vorprodukte wie Schwefelsäure. Zölle oder Exportbeschränkungen Chinas (als Vergeltung für US-Maßnahmen) könnten US-Düngerfabriken lahmlegen.
- Alternative Routen: Südostasien (Vietnam, Indonesien) könnte als Zwischenhändler für chinesische Rohstoffe genutzt werden – doch das erhöht Komplexität und Korruptionsrisiken.
- Nordamerikanische Lieferketten:
- Eine Kündigung oder Neufassung des USMCA (Handelsabkommen mit Kanada/Mexiko) könnte den reibungslosen Kali-Transport per Bahn aus Kanada behindern, was Just-in-Time-Lieferungen an US-Farmen gefährdet.
- Lagerhaltung und Spekulation
- Risikovorsorge der Unternehmen:
- Bei drohenden Zöllen oder Sanktionen könnten Düngerhändler Lagerbestände massiv aufstocken (wie 2018/19 im US-China-Konflikt). Dies führt kurzfristig zu Preisspitzen, gefolgt von Überangebot.
- Nebeneffekt: Kleinere Landwirte könnten sich Vorratshaltung nicht leisten und wären bei Lieferengpässen besonders verwundbar.
- Logistische Engpässe
- Infrastrukturprobleme:
- Trumps „Buy American“-Politik und Stahlzölle könnten den Ausbau von Häfen, Bahnstrecken oder Düngerlagern verteuern, die für neue Lieferketten nötig wären.
- Beispiel: Phosphat-Importe aus Marokko erfordern leistungsfähige Hafenanlagen an der US-Golfküste – bei Investitionsstau drohen Entladungsverzögerungen.
- Langfristige strategische Verschiebungen
- Diversifikation vs. Konzentration:
- Während die USA versuchen könnten, Lieferketten nach Lateinamerika oder Afrika zu verlagern (z. B. brasilianisches Kali), besteht die Gefahr, neue Abhängigkeiten zu schaffen.
- Gleichzeitig könnten sich globale Konzerne (z. B. Nutrien, Yara) gezwungen sehen, Produktion näher an Absatzmärkten anzusiedeln (Nearshoring), was die Lieferketten-Resilienz erhöht – aber Kosten weitergibt.
Historische Parallelen
- Handelskrieg 2018–2020:
- Chinas Düngerexporte in die USA brachen um 35 % ein, während US-Bauern Phosphat teuer aus Saudi-Arabien importieren mussten.
- Lerneffekt: Viele Agrarhändler diversifizierten daraufhin ihre Lieferanten – eine Strategie, die bei erneuten Spannungen verstärkt würde.
Fazit: Fragmentierte, teurere und politisierte Lieferketten
Trumps Handelspolitik würde die Dünger-Lieferketten in drei Stufen verändern:
- Kurzfristig: Preisschocks durch Zölle, Sanktionen und Lagerhaltung.
- Mittelfristig: Geopolitisch motivierte Umlenkung von Handelsströmen (z. B. weniger Russland, mehr Nahost).
- Langfristig: Regionalisierte Produktion mit höheren Betriebskosten und geringerer Flexibilität.
Die größten Risiken liegen in der Verknappung kritischer Rohstoffe (v. a. Phosphat) und der Schwächung US-amerikanischer Agrarexporte durch Gegenmaßnahmen der Handelspartner. Landwirte weltweit müssten sich auf volatilere Preise und komplexere Beschaffungsprozesse einstellen.
Die Einschätzung von Mario Adamo dem Geschäftsführer der Witt Handel GmbH hört ihr in Folge 136 von Agrarmarktpodcast.